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Datum: 26.07.2019

„Gefühl für den Arbeitsalltag einer Pflegekraft bekommen und nicht nur drüber reden“

Landrat Ludger Weskamp schnupperte einen Vormittag in den Arbeitsalltag der Kardiologie in den Oberhavel Kliniken am Standort Hennigsdorf
Der Landrat mit einem Teil des Pflegeteams von Station 35 der Klinik in Hennigsdorf

© Landkreis Oberhavel
„Ich bin überrascht von der Komplexität der Strukturen und beeindruckt von der Qualität bei der Organisation der Abläufe im Krankenhaus Hennigsdorf. Ich selbst war vor 24 Jahren das letzte Mal Patient in einer Klinik. Und seither hat sich die Krankenhauspflege enorm weiterentwickelt“, lautet das „Praktikumsfazit“ von Ludger Weskamp.

Vier Jahre ist er als Landrat nun im Amt. Zur Hälfte seiner Amtszeit möchte er sich ein Bild der Arbeit in der Verwaltung und den kreiseigenen Gesellschaften machen. Start war heute in den Oberhavel Kliniken Hennigsdorf in der Abteilung Innere Medizin.

Die Abteilung 35, Innere Medizin mit dem Schwerpunkt auf die Kardiologie, ist neben zwei Tageskliniken eine von zehn Fachabteilungen in der Klinik Hennigsdorf, auf der ein breites Spektrum von Erkrankungen der inneren Organe behandelt wird. Der Schwerpunkt liegt jedoch auf der Betreuung von Patienten mit Herz-Kreislauf- und Gefäßerkrankungen. Dafür wird in der Klinik Hennigsdorf eine hochmoderne technische Ausstattung, einschließlich von drei Herzkatheter vorgehalten. 40 Patientinnen und Patienten können derzeit auf der Station behandelt werden.

Der Landrat wurde drei Stunden lang in die pflegerische Versorgung der Patientinnen und Patienten eingebunden. Nach der Vorstellung der Station durch die Bereitschaftsleiterin der Station, Yvonne Reining, begleitete Ludger Weskamp eine Krankenschwester in ihrem Klinikalltag. „Es war mir wichtig, ein Gefühl für den Arbeitsalltag unserer Pflegekräfte zu bekommen, ihn aktiv mitzuerleben und nicht nur darüber zu sprechen. Und: Es ist und bleibt ein anstrengender Job, der nicht hoch genug gewürdigt werden kann. Mit Leidenschaft Pflegen ist das eine, die Digitalisierung der Abläufe ist aber ebenso wenig zu unterschätzen“, sagte er.  

So bekam der Landrat die Möglichkeiten der vor zwei Jahren eingeführten digitalen Patientenakte vorgeführt und konnte sich durch die Monitore klicken, die die Vitalzeichen der Patientinnen und Patienten in die Stationszentrale übermitteln. Auch bei der Vorbereitung einer Patientin für ein sogenanntes Schluckecho (Transösophageale Echokardiographie) war er dabei. Ein Schluckecho erlaubt einen besonders hochauflösenden Blick auf die Herzklappen und die Vorhöfe. Selbst kleinere Blutgerinnsel lassen sich dabei darstellen. Auch zum Herzkatheter begleitete der Landrat Patienten.

Im Herzkatheter wird ein arterielles Gefäß meist in der Leiste punktiert. Dann erfolgt das Vorschieben eines Katheters (Schlauch) zum Herzen. Durch die Gabe von Kontrastmitteln können nun die Herzkranzgefäße unter Röntgendurchleuchtung dargestellt werden.

Die Oberhavel Kliniken GmbH hat im Oktober 2010 in der Klinik Hennigsdorf eine „Chest Pain Unit" (CPU) zur Versorgung von Patienten mit unklarem Brustschmerz eingerichtet. Die „Brustschmerz-Station“ gehört ebenfalls zur Abteilung für Inneren Medizin mit Schwerpunkt Kardiologie und wurde speziell zur Untersuchung von Notfallpatienten mit akuten Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insbesondere akuten Durchblutungsstörungen des Herzens (Herzinfarkt) sowie Herzrhythmusstörungen eingerichtet. Zuletzt begleitete Weskamp einen Patienten auf die Intensivstation.

Yvonne Reining erklärt Ludger Weskamp die Abläufe auf der Station © Landkreis Oberhavel

© Landkreis Oberhavel

Neben Gesprächen zum Arbeitsalltag und der Ausstattung der Klinik brannte dem medizinischen Kräften der Station vor allem ein Thema unter den Nägeln: der Fachkräftemangel im Pflegebereich. „Leasingagenturen werben auch unsere Pflegekräfte ab und vermitteln bundesweit mehr als 40.000 Pflegekräfte an Kliniken – oftmals mit besserer Bezahlung, und der Maßgabe, keine Spät- und Nachtschichten annehmen zu müssen. Das macht nicht nur den Oberhavel Kliniken das Leben schwer. Hier muss der Arbeitsmarkt dringend reguliert werden“, berichtete Pflegedienstleiterin Beatrice Marzahn. Der Betriebsrat hat bereits einen Mahnbrief an den Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gesandt, mit der Bitte, sich dieser Problematik unbedingt anzunehmen.

Kreis und Oberhavel Kliniken steuern mit den AGUS-Gesellschaften dagegen. Im April haben die ersten 21 Auszubildenden ihre dreijährige Ausbildung zum staatlich anerkannten Gesundheits- und Krankenpfleger/-in begonnen. Im Oktober starten die nächsten zwei Klassen. „Natürlich tun wir alles dafür, dass unsere Auszubildenden uns als anerkannte Krankenpfflegerinnen und -pfleger in den Oberhavel Kliniken dann auch lange erhalten bleiben“, so Weskamp.

Die Oberhavel Kliniken gehen derweil andere Wege: 30 philippinische Pflegekräfte werden im Rahmen des von der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) initiierten Projekts zur nachhaltigen Gewinnung von Pflegekräften aus dem Ausland  bereits beschäftigt – in diesem Jahr werden 30 weitere folgen. Christian Alcantara ist einer von ihnen. Er lernt gerade für die Prüfung, damit sein Abschluss als Bachelor of Nurse auch in Deutschland anerkannt wird. Eine anfängliche Skepsis wegen möglicher Sprachbarrieren hat sich nicht bestätigt: „Unsere phillipinischen Kolleginnen und Kollegen sind wissbegierig und hinterfragen die Abläufe, sind einsatzbereit und immer höflich – einfach charmant, das wissen auch die Patientinnen und Patienten zu schätzen“, sagte Yvonne Reining abschließend.

Ludger Weskamp musste auch mit anpacken und hat ein Gefühl für den harten Berufsalltag bekommen.

© Landkreis Oberhavel